Vielfalt, Empathie und Solidarität: Mehr Perspektiven in Kinder- und Jugendmedien

You can’t be what you can’t see. Dieser Satz fällt im Kontext der Forderung für mehr Diversität in Kinder- und Jugendmedien immer wieder. Aber wie funktioniert das wirklich? Was sind die Voraussetzungen dafür und wie kann Vielfalt abseits von Stereotypen erzählt werden?

Mit diesen Fragen lud die Akademie für Kindermedien (AKM) gemeinsam mit der HessenFilm und Medien GmbH am Nachmittag des 19. Januar 2022 zu einer virtuellen Branchenveranstaltung ein. Nach einer Begrüßung durch Margret Albers von der Studienleitung der AKM und der Geschäftsführerin der HessenFilm und Medien Anna Schoeppe, sprachen die Bloggerin und Sensitivity Readerin Alexandra Koch, der Schauspieler und Drehbuchautor Lukas von Horbatschewsky und der Regisseur und Autor Arkadij Khaet zu diesem Thema, um sich anschließend mit dem Publikum in einem Frageblock und einem Mix & Mingle in Breakoutsessions auszutauschen. Knapp 150 Gäste aus der Medienbranche lauschten den insgesamt einstündigen Impulsen, deren Spektrum weit reichte.

In einigen Punkten waren sich aber alle drei einig: Protagonist*innen die marginalisierten Gruppen angehören, sind nicht nur selten, sondern reduziert: Als drehe sich das Leben einer Rollstuhlfahrerin nur um ihre Behinderung, einer queeren Person nur um seine Queerness oder eines Juden nur um seinen Glauben. Um vielfältiger zu erzählen, bedarf es einer Repräsentation des Lebens dieser Menschen in all seinen Facetten, wie Beruf, Alltag und Beziehungen.

Das Thema Recherche war diesbezüglich ein wichtiger Hinweis und Wunsch der Gäste. Nur durch eine kontinuierliche Perspektiverweiterung kann sich auch der Blick verändern und es können untererzählte Personengruppen in den Medien sichtbarer werden. Möglichkeiten sind, auf sozialen Netzwerken Menschen und Gruppen zu folgen, die außerhalb des eigenen Alltags leben sowie entsprechende Newsletter zu abonnieren. Hingewiesen wurde auch auf Verbände wie die QueerMediaSociety, Leidmedien Label Noir oder Festivals wie das Jüdische Filmfestival Berlin Brandenburg.

Zudem werden Menschen, die in der Entwicklung von Medien unterrepräsentiert sind, häufig lediglich als „Erklärbären“ herangezogen, die in einem Gespräch mal eben so sehr komplexe Sachverhalte darlegen sollen. Vielmehr sollte es sich dabei um eine prozessbegleitende professionelle Beratung handeln und dieser Expertise auch einen Zugang in die Teams ermöglichen. Davon wie das in der Praxis aussehen kann, berichtete Alexandra Koch anhand der Initiative www.sensitiviy-reading.de und Lukas von Horbatschewsky am Beispiel der Serie Druck.

Denn am Ende und am Anfang steht der Wunsch nach Repräsentation und inspirierenden Protagonist*innen für junge Menschen: Dafür braucht es Figuren mit Behinderung, die in verschiedenen Berufen tätig sind, Figuren, die jüdisches und migrantisches Leben in einem Deutschland im Hier und Jetzt leben, Figuren, die sich zwar in einem Prozess der Erkenntnis der eigenen geschlechtlichen Identität befinden, aber in einer Geschichte agieren, in der es um eine toxische Freundschaft geht und noch einige andere mehr.

Heute reden wir viel über Identität und laden Menschen aus marginalisierten Gruppen ein, darüber zu sprechen und nicht über andere Themen. Auch dieses Dilemma sprachen die drei Gäste an. Aber das passiert in der Hoffnung, dass es bald kein Thema mehr sein muss und dann vielfältige Protagonist*innen in allen Stoffen mit Präzision und Beiläufigkeit erzählt werden können.